Valle Maggia - dieses Tal steckt voller Überraschungen

Es gibt einen Reiseführer, der den Titel „Vallemaggia – The Magic Secrets“ trägt. Und wer sich einmal die Zeit nimmt und das Maggia-Tal in all seinen Facetten entdeckt, versteht genau, wie viel Wahrheit in diesem Buchtitel steckt. Das Valle Maggia ist ein malerisches Tal am Lago Maggiore, das tatsächlich voll magischer Geheimnisse steckt. Denn jeder einzelne Quadratmeter, jeder noch so kleine Ort ist anders als alle anderen.

Valle Maggia
Valle Maggia am Lago Maggiore

Hier ist kein Dorf wie das andere

Wanderer und Naturfreunde sollten mindestens zwei oder gar drei Tage einplanen, um sich auf die Pfade des Valle Maggia zu begeben. Das Tal steckt voller romantischer Ecken, die sich mit imposanten Kletterpfaden und beschaulichen Dörfern abwechseln. Mit seinen 570 Quadratmetern ist das Tal schließlich groß genug, um mit seinem Abwechslungsreichtum zu brillieren und gar ein Fünftel des gesamten Kantons Tessin zu bedecken. Doch all das sind nur Zahlen. Wer das Valle Maggia hautnah erlebt, wird gewiss auch von Emotionen und dem Drang geleitet, hinter jeder Ecke etwas Neues zu entdecken. Beeindruckend ist der Anblick des Haupttals, dessen Seitentäler sich weit und breit zu verzweigen scheinen. Einige dieser Seitentäler reichen sogar bis weit in die alpinen Gebiete des Nordtessin mit seinen schroffen Felslandschaften und dem glasklaren Wasser der über 50 Bergseen hinein. Den höchsten und tiefsten Punkt dieser Region trennen etwa 3.000 Höhenmeter, die dem Valle Maggia eine einzigartige Pflanzenwelt bescheren. Und mittendrin erstreckt sich in der Talsohle die Flusslandschaft, die über weite Teile hinweg sogar mehrfach im Jahr ihren Verlauf ändert.

Hier bahnt sich die Maggia ihren Weg

Valle Maggia Wasser

Besonders deutlich sind die Spuren der Maggia zwischen Avegno und Cavergno sichtbar. In diesem Bereich sammeln sich unzählige Ablagerungen an, die die Schutt- und Gesteinsmassen hinterlassen. Insbesondere bei Hochwasser lagern sich riesige Massen an Gesteinen ab. Als Kontrastprogramm gibt’s im Valle Maggia sogar mehrere Kies- und Sandbänke, die zur Sommerzeit bei Sonnenanbetern und Badegästen heiß begehrt sind.

Cevio: willkommen im Hauptort des Tals

Cevio ist der Hauptort des Valle Maggio. An diesem Ort residierten vom Anfang des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts mehrere eidgenössische Landvögte. An dieses Zeitalter erinnern bis heute die prachtvoll gestalteten Fassaden des Palazzo Pretorio, in denen Cevios wohlhabende Bürger einst residierten. Bis heute ist der Palazzo der Blickfang an der großzügigen Piazza, die bis heute von Bürgerhäusern umrandet ist. Ein architektonischer Juwel Cevios ist die Wallfahrtskirche Santa Maria del Ponte, welche die über die Rovana verlaufende Brücke mit ihrem Steinbogen verziert. Auf einer Durchreise durchs Valle Maggia sollte es sich kein Urlauber nehmen lassen, einen Blick auf die barocken Fresken und Stuckaturen zu werfen.

Himmlische Momente in Bosco Gurin

Nach Cevio nimmt die Straße ins Seitental Val Rovana ihren Lauf. Autofahrer müssen zahlreiche Kurven hinter sich lassen, um endlich ins Kleinod Bosco Gurin zu gelangen. Bosco Gurin – das ist das höchstgelegene Dorf aus dem Tessin, das mit einer Höhe von 1.557 Metern über dem Meeresspiegel himmlische Momente verspricht. Doch trotz dieser imposanten Lage ist es dem Städtchen bis heute gelungen, sich seinen einzigartigen Charme zu bewahren. Bereits im 13. Jahrhundert siedelten sich in diesem Bergdorf Einwanderer aus dem Wallis an, die die Geschichte eines Ortes mit einer markanten Besonderheit einläuteten. Bosco Gurin ist das einzige deutschsprachige Dorf aus dem Kanton, deren am Kirchturm befindliche Sonnenuhr eine einprägsame Inschrift prägt. „Sunnu oder Räge, va Gott der Säge“, mit diesen Worten werden Besucher des Bergdorfes begrüßt. Doch an diesem Ort gibt es noch mehr zu entdecken. In einem der ältesten Bauwerke des Dorfs ist heute das volkskundliche Museum untergebracht, das spannende Einblicke in das anstrengende und dennoch einfache Leben der Walser gewährt. Diese Zeit gehört zwar längst der Geschichte an. Dennoch hat insbesondere der Seelenbalken des alten Walserhauses nicht an Reiz verloren. Damals – so heißt es – wurde der Seelenbalken nur geöffnet, um die Seele von Verstorbenen hinauszulassen: welch ein Anblick und welch eine mystische Geschichte.

Ein Abstecher ins Val Bavona

Auf der Wanderung biegen Wanderer bei Bignasco ins Val Bavona ab, um ein Dorf zu erkunden, das das Wort „Ruhe“ völlig neu definiert. Denn hier sind Wandersleute im steinigsten und zugleich steilsten Tal des gesamten Alpenkamms angekommen, dessen Einwohner sich nur zur Sommerzeit in dem Ort niederlassen. Eine Augenweide sind die im Tessiner Baustil errichteten Häuschen und Weiler, bei denen Holz und Stein zu einer ästhetischen Einheit verschmelzen. Eine Perle des Val Bavona ist der bei Foroglio gelegene Wasserfall, dessen Wassermassen sich auf einem 80 Meter hohen Felsen den Weg in die Tiefe bahnen. Bei diesem Anblick kann gewiss jeder Besucher verstehen, weshalb schon einst Regisseurin Leni Riefenstahl zu einem Filmdreh an diesem Ort inspiriert wurde. Wer sich den 1932 gedrehten Streifen „Das blaue Licht“ genau anschaut, wird in der einen oder anderen Sequenz gewiss das Dörfchen Foroglio wiedererkennen.

Dieses Gotteshaus sticht aus der breiten Masse hervor

Setzen Sie Ihre Erkundungstour durchs Valle Maggia in Richtung Val Lavizzara fort, das die Seitentäler Val di Peccia und Val di Prato streift. Hier öffnet sich das Tor zu einer anderen Welt. Denn hier ist unberührte Natur zu Hause. Dieser Juwel aus dem Valle Maggia ist die Heimat der kleinen Sommersiedlung Mogno, deren bekanntester Sakralbau die Handschrift eines namhaften Architekten trägt. Erst im Jahre 1997 war es soweit, als Stararchitekt Mario Botta die Kirche San Giovanni Battista fertigstellte. Der schräg abgeschnitte Zylinder des Kirchbaus zieht mit einem Wechselspiel aus gräulichem Granit aus dem Valle Maggia und weißem Pecchia-Marmor die Blicke auf sich. Der Erbauung der Kirche geht eine traurige Geschichte voraus. Denn der Architekt plante das Projekt, nachdem das ältere Gotteshaus in der Mitte der 1980er Jahre durch eine Lawine verschüttet wurde. Der Kirchbau sticht hervor, ohne Frage. Denn von der typischen Architektur des Tessins hebt sich dieser Sakralbau deutlich ab. Doch diese architektonische Genialität macht auch die Besonderheit des Bauwerks aus. Das Valle Maggia ist ein Tal mit tausend Gesichtern. Denn es ist genau diese Vielfalt, dank der diese Region immer für eine Überraschung gut ist.


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